Am 15.2.2024 veröffentlichte die britische ,, Economist“- Gruppe den diesjährigen ,, Demokratielndex.
Danach lebten knapp 46 % der Weltbevölkerung in irgendeiner Form der Demokratie. ln einer
,, vollständigen Demokratie“ lebten nur ca. 8% . Fast 4O% der Menschen lebten in einer Diktatur bzw
unter einer autoritären Herrschaft. Erschreckende Zahlen.
Wir hier in Deutschland können in diesem Jahr auf die Verkündung des Grundgesetzes vor 75 Jahren
( am 23.5.1946) mit Stolz aber auch mit einer Verpflichtung blicken: ln der Geschichte Deutschlands
gab und gibt es eine noch nie so wertvolle Grundlage für unser Gemeinwesen. Dieses Grundgesetz
müßen wir gegen alle Angriffe schützen und gleichzeitig durch unser tägliches Verhalten immer
wieder für die garantierten Grundwerte eintreten.
Das Grundgesetz war der,, zweite Anlauf“ zur Demokratie, ein Bekenntnis gegen den Obrigkeitsstaat,
der in Deutschland eine lange Tradition hat, und Bollwerk gegen jegliche Form der Diktatur, die zuvor
herrschte. Der erste Versuch auf dem Weg zur Demokratie war mit der,, Weimarer Verfassung“
gelegt worden. Aber: die erste demokratische Republik hatte zu viele Verächter und zu wenige
Verfechter.
Die Bürgerinnen und Bürger sind deshalb aufgerufen und verpflichtet, die Prinzipien dieser
demokratischen Grundordnung zu ,,leben“, denn sie sind verbunden mit gleichzeitigen Verpflichtung
zum Rechtsstaat und zum Sozialstaatsprinzip.
Zur Demokratie gehört auch der eigene Einsatz und das eigene Engagement mit dem Ziel: die
sozialen Kontrakte in der Gesellschaft zu vertiefen, Schaffung und Schärfung des Gemeinsinnes, um
damit auch eine verbesserte Dialogkultur in der Gesellschaft zu fördern. Friedlich und nicht mit
Gewalt soll um Wege und Lösungen gerungen, müssen und sollen Kompromisse geschlossen werden.
Das nennt man Demokratiefähigkeit. Diese definiert sich und zeichnet sich aus durch:
die Pflicht sich zu informieren, der Bereitschaft, eine eigene Meinung zu entwickeln, Respekt vor
anderen Meinungen zu haben, Kompromissfähigkeit unter Beweis zu stellen,
Mehrheitsentscheidungen zu tragen, Minderheiten und Minderheitsmeinungen zu achten und sich
immer wieder zu engagieren. Gerade dies geschieht: Rund 30 Millionen Menschen in Deutschland
sind ehrenamtlich tätig und engagieren sich so in ihrer Freizeit für andere Menschen.
Wir leben aber auch in einer Zeit, in der Hass und Hetze salonfähig geworden sind und gerade auch
ehrenamtlich tätige Menschen werden attackiert, beleidigt, angegriffen und bedroht. Davor müßen
diese Menschen geschützt werden- von uns allen.
Das ist unser aller Pflicht, das ist unsere tägliche Aufgabe; denn: Demokratie braucht Engagement.
Ivo Gönner, Rechtsanwalt und Alt-Oberbürgermeister in Ulm